2005-06-21 - 7. Leipziger Medizinerkonzert - MUSIK ALS THERAPIE?

Dem gemeinen Medizinstudent wird nachgesagt, er würde maximal eine Viertelsutnde benötigen, bis er, zu welchem Anlass auch immer, bei seinem Lieblingsthema - der Medizin - sei. An diesem Abend, dem 21. Juni 2005, dachte ich, könnte es klappen. Vielleicht ein paar Minuten mehr ohne Medizin, nur Musik.
Kurz nach der Eröffnung durch die medici cantantes waren all meine Hoffnungen dahin. Eine MC-Frage! In meiner Freizeit. Sollte ich gleich gehen oder sie es noch einmal versuchen lassen? Bluthochdruck, Depressionen, schlussendlich eine Subarachnoidalblutung - Maria Arélin klärt über die Krankengeschichte Felix Mendelssohn Bartholdys auf, dessen Streichquartett Nummer sechs den instrumental begleiteten Teil des Konzerts eröffnet. Während ich noch darüber grübele, ob ich mir diese in Prüfungen durchaus wichtigen Fakten langfristig merken kann, ist das Stück vorüber. Franz Schubert steht an. "Trockene Blumen". Er ist also an Syphilis gestorben. Sollten wir uns nicht um unsere Nachwuchskünstler sorgen? Schließlich sind zehn Prozent der intonierten Künstler in nicht sonderlich hohem Alter auf recht unangenehme Weise zu Tode gekommen. Blüht jenes schreckliche Schicksal auch unseren mit wertvollen Landesmitteln ausgebildeten Medizinstudenten?
Nein, plötzlich mache ich mir mehr Sorgen um micht selbst. Einführung in die Toxikologie. Nicht medizinisch, sondern musikalisch. Mit Arsen und Zyankali kann man nicht nur Tauben vergiften. Der Schweiß tropft. Vielleicht aber doch nicht aus Anst, sondern weil es in der wieder einmal ausverkauften Alten Handelsbörse ziemlich stickig ist. Ich freü mich auf die Pause. Zuvor gibt es allerdings noch eine Neürung - Tänzer! Ana und Neo aus der Tanzschule "Tangomanie" geben ihr bestes, von dem leider die hinteren Reihen nicht viel sehen.
Nach der Pause. Während Bachs viertem Brandenburgischen Konzert, S. L. Weiß (Fantasia) und J. Cardoso (Milonga) werde ich leider etwas abgelenkt. Fußball war heute auch noch - Deutschland gegen Argentinien! Aus der Kneipe nebenan wird Jubel herübergetragen. Es steht 1:0. Hätte ich nicht doch das Spiel sehen sollen? Nein! Schließlich kommt Fußball jede Woche, musizierende Mediziner dagegen gibt es zumindest in Leipzig nur zweimal im Jahr.
Die medici cantates begannen und beenden das siebente Konzert. "Abschied vom Walde" heißt eines der Lieder. Der Chor verabschiedet sich nicht nur vom Walde, sondern auch von seinem langjährigen Leiter Johannes Wilde. Mir nichts, Dir nichts muss das Publikum auch noch erfahren, dass auch Maria Arélin die Universität verlässt und zur Konkurrenz nach Berlin wechselt. Verkraftet das Konzert den Verlust dieser beiden tragenden Persönlichkeiten? Ich weiß es nicht, werde es aber im Winter sehen können. Ich freü mich auf das achte Mal!

Martin Grimm (Medizinstudent und Redakteur der Zeitschrift "endoskop")